1993
Louis Spohr
"FAUST"
Premiere: 13. März 1993
Städtische Bühnen Bielefeld
Musikalische Leitung: Geoffrey Moull
Inszenierung: Matthias Oldag
Bühne: Heinz Balthes
Kostüme: Jose Manuel Vazquez
Besetzung: Michael Vier, Eelco von Jordis, William Pugh, Cynthia Macris, Ion Bric, Martin Eichwalder, Drummond Walker, Ulrich Neuweiler, Helmut Kegler, Claudia Taha, Drew Abbott, Krystyna Michalowska
"...Die Inszenierung von Matthias Oldag begibt sich zu keinem Zeitpunkt auf die Ebene blanker Bebilderung.
Oldag forscht nach den typisch deutschen Urgründen des typisch deutschen "Faust"-Phänomens, er setzt sich,
freilich ideologisch bereinigt, Oswald Spenglers Wort vom "Faust" als Portrait einer ganzen Kultur sinnfälligst
um ... Die Hölle, in die er ihn (Faust) verbannt, ist die Gewißheit der eigenen Schuld am massenhaften Tod
Unschuldiger ... Faszinierend die Kraft der Bilder, in die der Regisseur die Handlung zuweilen bannt..."
Frankfurter Rundschau
"...Oldag hat, gemeinsam mit Bühnenbildner Heinz Balthes, den zwischen Sinnenlust und Lebensüberdruß
Gespaltenen in einem roten Einheitsraum eingefangen. Der Raum wirkt irreal, künstlich beleuchtet, bar des nur
selten, dann grell hereinflutenden Tageslichts. Dennoch durchdringen Außen- und Innenwelt einander. Verkohlte
Baumstrünke neben dem Sofa - Chiffre für unheimliche tote Seelennatur, Untergang des Wachsenden, aber auch für
das Ineinander von Zeit und Geschichtsräumen... Louis Spohr's "Faust" erwies sich so als Meisterwerk ohne
Leerlauf...“
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"...Was hält so ein Adler nicht alles in seinen Fängen, In freier Natur können es schon mal ein Lämmchen
oder eine dicke Maus sein. Als Symbolfigur aber greift er sich das Hakenkreuz oder ein ganzes Volk, ein Reich
oder den Bund. Da zudem das deutsche Wesen als ein durch und durch faustisches gilt, war die Bildidee des
Adlers für die Oper "Faust" durchaus überzeugend, wie generell die von Matthias Oldag konsequent und packend
inszenierte Premiere einen rundum geglückten Eindruck hinterlies... Riesiger Premierenbeifall. Bielefeld hat
ein beeindruckendes Stück in hervorragender Umsetzung herausgebracht. Prädikat besonders wertvoll...“
Neue Westfälische
"..."Faust" und kein Ende? Matthias Oldags Inszenierung offenbart aktuelle Aspekte deutschen Wesens und
deutscher Lebensgestaltung..."
Westfalenblatt
"...spannend, wo Oldag die musikalische Plausibilität des kruden Librettos durch pantomimische Elemente
erhöht, indem er die inneren Monologe der Arien durch die sichtbare Anwesenheit der angesprochenen Mit-Spieler
zu einseitigen Dialogen werden läßt..."
Tagesspiegel
"...Die Vorlage nutzt der mit vielfältigen Erfahrungen an Ostdeutschen Bühnenhäusern ausgestattete Regisseur
Matthias Oldag zu einer überraschenden Deutung ...Er mißtraut der seit dem 19. Jahrhundert üblichen
deutschtümelnden Vereinnahmung der Faust-Figur, hält nichts vom deutschen Wesen an welchem nach Wilhelm II. die
Welt genesen mag, treibt infolgedessen, nicht zuletzt angezettelt durch die zur Parodie herausfordernden Texte
Bernhards, seinen Spott mit den Auswüchsen des Nationalismus, auch wenn Handlung und Musik in dieser Konzeption
bisweilen kräftig gegen den Strich gebürstet werden... Den herzlichen, langanhaftenden Beifall teilten sich
alle Mitwirkenden - Regisseur und Bühnenbildner nicht ausgenommen – trotz oder gerade wegen der verwegenen
Deutung...“
Die Glocke
"...Mit einer überaus lebhaften Personenregie gelingt es, dem Libretto neues Leben einzuhauchen,und damit
die Musik zur Geltung zu bringen... "
Hessisch Niedersächsische Allgemeine
"...Durch und durch deutsch. Das ist der Faust, wie ihn Matthias Oldag mit seiner Inszenierung
präsentiert...“
Westfälischer Anzeiger
"...in Erinnerung bleiben eine aufführenswerte Musik, gutes Schauspiel und viel rote Farbe auf der Bühne,
verrückte Kostüme und Nazi-Uniformen. Matthias Oldag ist eben auch ein ausgesprochen deutscher
Regisseur...“
Hannoversche Allgemeine Zeitung
"...Höllenfahrt als typisch deutsches Schicksal der Verführbarkeit, der Pervertierbarkeit edler Anlagen?
Oldag sieht es so und Michael Vier den intellektuellen Softy (Faust) als düster Zweifelnden, Angstzerrissenen
ohne Kraft des Lächelns...“
Salzburger Nachrichten
"...Deutlich wird immerhin, daß der in Zittau und am Arbeiter-Theater bewährte Matthias Oldag deutsche Größe
nicht mag ... So kann ein wegweisendes Werk der Musikgeschichte, indem seine Exegeten allzu blind und
voreingenommen die angebliche Haupttendenz deutscher Geschichte totalisieren wollen und dürfen, in eine Lektion
umgewandelt werden, wie heute mit Historie nicht mehr verfahren werden sollte. Auch das Geschichtsbild der SED
hat Bankrott gemacht und wird nicht errettet, wenn es versatzstückweise auf westdeutsche Bühnen gehievt
wird...“
Süddeutsche Zeitung